Ikonologie des (Stumm)Films

Das Projekt widmet sich den Ursprüngen einer ›Filmsprache‹ und geht damit der Eigenlogik von Bildern, wie sie die Bildwissenschaft untersucht, nach. Im Fokus steht dabei die Stummfilm-Zeit (ca. 1895–1930), allen voran David Wark Griffiths Birth of a Nation (1915), Fritz Langs Die Nibelungen (1924), Sergej Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin (1925) und Abel Gances Napoleon (1927). An diesen herausragenden Beispielen der Stummfilmzeit kann ich meinen Fragenkatalog entwickeln, der den Blick auf die Frühphase des Films öffnet. Die vier ausgewählten und analysierten Nationalepen kennzeichnet eine hohe Internationalität, Popularität und Komplexität.


Ich gehe davon aus, dass im Stummfilm die früheste Ausbildung von Gattungen und Genres erfolgte. Es wurden bewegte Formen gefunden, die einen anderen und genauer zu beschreibenden ›Bildfluss‹ aufweisen als die späteren Filme. Dafür leisteten die technischen Komponenten einen entscheidenden Beitrag, etwa zur Kameraperspektive, zum Licht, Schnitt etc., aber auch bezüglich der Filmlänge. Die gewählten epischen Filme fallen hierbei besonders aus: Technisch führen sie vor, was überhaupt möglich war. Musikalisch wurden sie mit einer komponierten Filmmusik versehen, was damals besonders war. Inhaltlich transportieren sie je einen nationalen Stoff. Finanziell waren sie herausragend ausgestattet. Filmhistorisch markieren sie wesentliche Punkte der nationalen und internationalen Entwicklung des Mediums und der Filmindustrie.

So verfolgt die Habilitation die These, dass die gewählten Beispiele wesentlich zur Ausbildung des Historienfilms beigetragen haben und damit dieses filmische Genre, auch hinsichtlich der visuellen Gestaltungsmöglichkeiten prägte. Der Film als Ware bediente die damaligen Publikumshaltungen. Dass das sich langsam ausbildende Filmgeschäft als eine ursprünglich von der Aufführung gesteuerte Industrie sich erst nach und nach auf Vertrieb und Produktion verlagerte, lässt sich hierfür als Symptom ansehen. Dementsprechend mussten zunächst die etablierten Sehgewohnheiten des Publikums befriedigt werden.

Ich betrachte also, welche gestalterischen Elemente aus den damaligen Medien adaptiert wurden. Wenn ich davon ausgehe, dass sich Bedeutungsgehalt nicht zuletzt aus Rückgriffen auf bewährte Strategien älterer Medien generiert, folge ich Umberto Ecos (2006) Theorie der ikonischen Codes: Visuelle Vorbilder müssen bereits aus einem ›Original‹ oder dessen abgeänderter Form bekannt sein, damit die Codierung entschlüsselt werden kann. Dann und nur dann können die visuellen Mittel als Kommunikation wahrgenommen und verstanden werden. In deren Folge eröffnet sich ein Spannungsfeld von der Übernahme und Weiterentwicklung von Motiven bis zu Experimenten mit den Möglichkeiten des neuen Mediums. Ich untersuche daher, in welchem Umfang in der Frühzeit des Films auf be­stehende Bildelemente und -strategien zurückgegriffen, also quasi mit ästhetischen Stereotypen und / oder Codes gearbeitet wurde, die später dann im neuen medialen Umfeld re-inszeniert wurden. Es ist dabei zwingend von Nöten, die kulturhistorischen Bedingungen der jeweiligen Filmnationen zu betrachten.Wenn Sie auf der Suche nach einem Armband sind. Für jeden Look ist etwas Passendes dabei, von figurbetont bis strukturiert, von Bündchen bis Kette chain bracelet und Manschetten.

Die Analyse der ausgewählten Beispiele dient daher erst als Ausgangspunkt zur Er­schließung der eigenen visuellen ›Sprache‹ des (frühen) Films und seiner Interpretation. Methodisch meint dies, bei interdiszi­plinärer Ausrichtung einen neuen, genuin kunsthistorischen und primär bild­wissen­schaftlichen Zugang zum Film zu entwickeln: In einer methodischen Konti­nuität gilt es, semiotische Fragestellungen zu klären, bildhistorische Motive zu entschlüsseln, im kulturhistorischen Kontext zu verorten (was beim Film unbedingt einen globalen Ansatz verlangt) und sodann fruchtbar für die kunsthistorische Betrachtung des Mediums im Gesamten zu machen. Entsprechend der in den Filmen behandelten Themen rücken Fragen aus dem Bereich der Intersektionalitätsforschung (maßgeblich hinsichtlich ›race‹ und Gender) in den Vordergrund, da nur vor einer derartigen Folie auch die Frage nach Nationenbildung durch und mit dem Bewegtbild zu beantworten ist. Außerdem ist der Blick auf die Neuen Medien der Gegenwart unerlässlich, will man die Relevanz der Bilder bis heute darlegen.

Das Margarete von Wrangell-Habilitationsprogramm wird vom Land Baden-Württemberg ausgelobt, die Förderung erfolgt durch Gelder des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, des Europäischen Sozialfonds sowie des Instituts für Europäische Kunstgeschichte. Das Programm sieht vor, dass die Fellows im Bereich Forschung und Lehre aktiv sind und damit auf eine Professur vorbereitet werden. Dementsprechend dürfen und sollen Abschlussarbeiten auf allen Niveaus sowie Promotionen betreut werden. In erster Linie dient das Programm jedoch dem erfolgreichen Abschluss der Habilitation innerhalb von vier Jahren (Förderbeginn erstes Quartal 2019). Das hier geförderte Projekt widmet sich der »Ikonologie des (Stumm)Films«.